Die Erreger von Infektionen des
weiblichen Genitaltraktes und des kleinen Beckens rekrutieren sich
vornehmlich aus der Vaginalflora. In erster Linie findet man dort
nichtpigmentierte Prevotellen und darunter P. bivia und P.
disiens
als Leitkeime neben Aerobiern wie E. coli und Gruppe-B-Streptokokken.
Bei pelvinen Infektionen sind es daher in erster Linie P. bivia
und P. disiens, dann weniger häufig andere pigmentierte
und nicht pigmentierte Prevotella-Spezies, die zusammen mit E.
coli, B-Streptokokken, Enterokokken oder auch Gonokokken
anzutreffen sind.
Von den pigmentierten gramnegativen Anaerobiern des Genus Prevotella
sind P. intermedia
und P. nigrescens die häufigsten Erreger bei Infektionen
der Mundhöhle und der angrenzenden Gebiete. P. melaninogenica,
P. denticola und P. loescheii können zwar
regelmäßig aus der Mundhöhle gesunder Menschen isoliert
werden, aber nur selten aus Zahntaschen bei Parodontose (Wennström
et al., 1987). Sie werden daher für die Parodontose als
wenig relevant angesehen. Dagegen wird P. intermedia zusammen
mit Actinobacillus actinomycetemcomitans und Porphyromonas
gingivalis eine Beteiligung in der Ätiologie der Parodontose (Dahlen
et al. 1990), der Gingivitis schwangerer Frauen (Kornmann,
und Loesche, 1980) und der nekrotisierenden Gingivitis (Loesche
et al., 1982) zugesprochen. Durch Fortleitung kommt es auch hier
zu extraoralen Infektionen. Nicht zuletzt führen pigmentierte Prevotella-Arten
neben Fusobakterien und Porphyromonas-Arten auch bei
menschlichen und tierischen Bißverletzungen zur Infektion.
Die nichtpigmentierten gramnegativen Stäbchen werden an den
gleichen Orten isoliert, wie die pigmentierten (Kirby et al., 1980).
Die ätiologische Relevanz ist noch unklar. P. oris und P.
buccae werden sowohl bei oralen (Haapsalo, 1986) als
auch bei pleuropulmonalen (Marina et al., 1993)
Mischinfektionen angezüchtet. Die folgenden Spezies der P.
oralis-Gruppe sind dort ebenfalls vertreten : P. oralis, P.
veroralis, P. buccalis und P. oulorum (Shah
et al. 1990).
Prevotella intermedia
|
(Leitkeim für orale Infektionsprozesse) |
Prevotella bivia
|
(Leitkeim für genitale Infektionsprozesse und des
kleinen Beckens) |
Prevotella disiens
|
(Leitkeim für genitale Infektionsprozesse und des
kleinen Beckens) |
Prevotella melaninogenica
|
(Leitkeim der Rachenflora) |
Einfache diagnostische Untersuchungen
Durch einfache phänotypische Teste lassen sich die oben genannten
Leitkeime mit einem gewissen Grad an Genauigkeit von den übrigen
Prevotella-Arten
abgrenzen und unterscheiden. Es muß jedoch beachtet werden, dass
die Reaktionen, wie z.B. eine positive Indolreaktion nicht nur für
Prevotella intermedia/Prevotella nigrescens
charakteristisch ist, sondern auch für eine andere, jedoch
seltener in klinischen Materialien nachgewiesen Art,
P. loescheii
.
|
Pigment |
ß-Xyl |
Indol |
a-Fuc |
ß-Gluc |
ß-Glucosamidase |
P. intermedia |
Positiv |
Negativ |
Positiv |
Positiv |
Positiv/ Negativ |
Negativ |
P. bivia |
Negativ |
Negativ |
Negativ |
Negativ |
Negativ |
Positiv |
P. disiens |
Negativ |
Negativ |
Negativ |
Positiv |
Negativ |
Negativ |
P. melaninogenica |
Positiv/ Negativ |
Negativ |
Negativ |
Negativ/ Positv |
Negativ |
Positiv |
Über die Bildung eines
schwarzen Protohämpigment auf bluthaltigen Nährmedien lassen
sich die Prevotellen schnell in pigmentierte und nichtpigmentierte
Spezies einteilen.
Da die schwarzpigmentierten Prevotellen die Pigmente am schnellsten -
und manchmal nur - in den Hämolysezonen von S.aureus
zeigen, sollte bei der Abimpfung auf Blutplatten mit verschiedenen
Blutsorten (Schaf, Pferde, Kaninchen und Menschenblut) ein
S.aureus-Stamm mit aufgeimpft werden.
Die wichtigste Art unter den pigmentierten Spezies, P. intermedia
und die davon biochemisch nicht abgrenzbare P. nigrescens, sind
neben P. pallens die einzigen Indolpositiven Arten. P.
intermedia und P. nigrescens sind Lipasepositiv, P.
pallens Lipasenegativ. Die saccharolytischen nichtpigmentierten Prevotella-Arten
werden über die Fermentation von Pentosen in zwei Gruppen
aufgeteilt. Pentosefermentation wird über den Abbau von Xylose
oder Arabinose nachgewiesen. Eine schnellere Methode ist der direkte
Nachweis des dazu benötigten Enzyms, der ß-Xylosidase,
über Testplättchen (Fa. Rosco über Viva Diagnostica). Zu
den pentosefermentierenden Spezies gehören P. oris, P.
buccae, P. zoogleoformans, P. heparinolytica und P.
dentalis. P. oris und P. buccae werden durch den
Nachweis der a -Fucosidase (P. oris positiv, P. buccae
negativ) oder der N-Acetyl-ß-Glukosaminidase (P. oris
positiv, P. buccae negativ) unterschieden. P. zoogleoformans
und P. heparinolytica unterscheiden sich in der Indolbildung (P.
heparinolytica positiv, P. zoogleoformans negativ). P.
dentalis bildet auf Blutagar wassertropfenartige Kolonien.
Während die anderen pentosefermentierenden Prevotellen
Aeskulin-positiv sind, zeigt P. dentalis meist keine
Aeskulinspaltung.
P. bivia und P. disiens sind proteolytisch. Von
den anderen nichtpigmentierten proteolytischen Spezies unterscheiden
sie sich in der ß-Glucosidase (P. bivia, P. disiens
negativ, die übrigen positiv). Beide Spezies können mit Hilfe
der a-Fucosidase unterschieden werden (P .bivia positiv, P.
disiens negativ).
Ein verkürztes Schema zur
vorläufigen Identifizierung von klinisch relevanten
Prevotella-Arten mit Hilfe
von Enzymreaktionen sind im nachhinein aufgeführt. Allerdings muss
beachtet werden, dass bei dem Vorgehen nach einem solchen Schema schon
eine einzige Fehlreaktion ausreichen kann, um zum falschen
Identifizierungsergebnis zu gelangen.
Orientierende Identifizierung von pigmentnegativen
Prevotella-Arten
Spezies |
Kat |
Indol |
Esk |
a-Fuc |
ß-Xyl |
Besonderheiten |
Identifizierungsergebnis |
P. buccae |
|
- |
+ |
- |
+ |
|
P. oris-Gruppe |
P. oris |
|
- |
+ |
+ |
+ |
|
P. oris-Gruppe |
P. dentalis |
|
- |
-V |
- |
V |
Kultur "Wassertropfen" |
P. oris-Gruppe |
P. zoogleoformans |
|
- |
+ |
+ |
+ |
|
P. oris-Gruppe |
P. heparinolytica |
|
+ |
+ |
+ |
+ |
|
P. heparinolytica |
P. buccalis |
|
- |
+ |
+ |
- |
|
P. oralis-Gruppe |
P. oralis |
|
- |
+ |
+ |
- |
|
P. oralis-Gruppe |
P. oulorum |
+ |
- |
- |
- |
- |
|
P. oulorum |
P. veroralis |
|
- |
+ |
+ |
- |
|
P. oralis-Gruppe |
P. bivia |
|
- |
- |
+ |
- |
|
P. bivia |
P. disiens |
|
- |
- |
- |
- |
|
P. disiens |
Orientierende Identifizierung von schwarzpigmentierten
Prevotella-Arten
Spezies |
Indol |
a-Fuc |
a-Gal |
Esk
|
Besonderheiten |
Identifizierungsergebnis |
P. intermedia |
+ |
+ |
- |
- |
P. intermedia und P. nigrescens bilden nach mehreren
Tagen kleine rauhe und bröckelige Kolonien |
P. intermedia-Gruppe |
P. nigrescens |
+ |
+ |
- |
- |
|
P. intermedia-Gruppe |
P. pallens |
+ |
+ |
-V |
- |
Lipase negativ |
P. intermedia-Gruppe |
P. loescheii |
-+ |
+ |
+ |
+ |
eher rötliches Pigment |
P. loescheii |
P. melaninogenica |
- |
+ |
+ |
- |
manchmal kein Pigment |
P. melaninogenica |
P. denticola |
- |
+ |
+ |
+ |
selten Pigment |
P. denticola |
P. corporis |
- |
- |
- |
- |
|
P. corporis |