Anaerobierdiagnostik heute
Das Problem
Anaerobier wachsen langsam. Eine schnelle Identifizierung ist daher nicht möglich. Aber auch nach der Anzucht von Anaerobiern gibt es Hindernisse. Da alle
Schnellidentifizierungssysteme daran kranken, das etliche Genera und Familien,
z.B. grampositive Kokken, gramnegative Kokken, grampositive Stäbchen und
gramnegative Stäbchen in einem einzigen
Anaerobieridentifizierungssystem identifiziert werden müssen, ist die Identifizierungsleistug meist nicht ausreichend. Bei Aerobiern
dagegen gibt es welche für Staphylokokken, Streptokokken, Enterobacteriazeen,
Nonfermenter ..., usw.
Desweiteren sollen Analysen schnell und kostengünstig sein. Wie soll das noch erreicht werden?
Wir haben dazu die Strategie der Anaerobierdiagnostik überdacht. Was wollen wir eigentlich, und wie weit wollen wir gehen?
Das Ziel
Das primäre Ziel der Anaerobierdiagnostik besteht im schnellen Nachweis einer Beteiligung von strikten
Anaerobiern bei mono- und polyätiologischen Infektionen (Mischinfektionen). Dazu gehört auch der Vorbefund
"Nachweis von Anaerobiern", sofern der Nachweis strikt anaeroben Wachstums erbracht ist, aber die
Identifizierung noch fehlt.
Ferner müssen durch eine korrekte Identifizierung die pathogenen Anaerobier-Arten, z.B.
Bacteroides fragilis und Bacteroides thetaiotaomicron, von Spezies unterschieden werden, die
aufgrund fehlender Pathogenitätsfaktoren kaum ätiologische Relevanz haben oder sogar
Indikatorkeime für unsachgemäße Probenentnahme mit Kontamination durch Darmflora sind, wie z.B.
Bacteriodes vulgatus.
In der Regel wird versucht, diese Ziele auf der Basis von Anzucht und schneller Identifizierung
mit kommerziellen miniaturisierten Identifizierungssysteme zu erreichen.
Da es für die Anaerobierdiagnostik kein absolut zuverlässiges
Identifizierungssystem gibt und die Keimdatenbasis der meisten
Identifizierungssysteme seit Jahren nicht mehr aktualisiert wurden,
verhindert nur die Kenntnis von Schwachstellen in solchen Systemen
falsche Identifizierungen und damit mölicherweise auch
Fehlinterpretationen des Befundes. Durch den Einsatz von singulären
Zusatzuntersuchungen könnte zudem häufig noch die richtige
Speziesdiagnose gestellt werden. In Einzelfällen muss mit
methodologischem Aufwand (Gaschromatographie oder PCR) verfahren
werden, um zu dem korrekten Identifizierungsergebnis zu kommen.
Die Lösung?
Auf diesen Seiten sollen unsere Erfahrungen beschrieben werden, wie
die Differenzierung von Anaerobiern in einem mikrobiologischen
Routinelabor gehandhabt werden kann. Dabei wird versucht, die
Diagnostik in verschiedene Ebenen aufzuteilen, bei der jedes Labor
entscheiden kann, wie weit es mit der diagnostischen Technik gehen
möchte.
- Die erste Ebene stellt die richtige Gattungsdiagnose dar. Die Kenntnis des Grundwissens der Gramnegativen Gattungen Bacteroides, Prevotella, Porphyromonas und Fusobacterium sollten Voraussetzung sein. Sie werden hier im einzelnen beschrieben.
- Zum zweiten werden die Leitkeime der
verschiedenen Anaerobiergattungen mit wenigen Zusatzreaktionen identifiziert. Hier werden auch
häufig die kommerziellen Identifizierungssysteme eingesetzt.
- Die nächste Ebene umfasst die
konventionelle Identifizierung mit der "Bunten Reihe" sowie der Gaschromatographie und
- die
letzte - sofern von uns geprüfte Protokolle vorhanden sind - die molekularbiologische
Identifizierung.
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